Offener Brief von Künstlern und Publikum an die Leiter von Kulturinstitutionen
Sehr geehrte Damen und Herren Direktorinnen und Direktoren von Theatern, Konzertsälen, Museen, Kunstzentren, Unterhaltungsunternehmen, Verlagen, Kinos, Kinematheken, Buchhandlungen, Festivals und anderen kulturellen Einrichtungen…
Kulturstätten dienen nicht nur der Wissenschaft, der Unterhaltung und dem Kommerz. Ihre Arbeit ist eingebettet in einen politischen Moment, den sie widerspiegeln, ob sie wollen oder nicht. Wenn sie ignorieren, was geschieht, sind sie dafür verantwortlich. Ob sie wollen oder nicht.
Vor unseren Augen findet ein angekündigter Völkermord statt. Er wird in Echtzeit dokumentiert und verfolgt uns Tag und Nacht. Das Massaker an Zivilisten in Gaza geht weiter. Das Massaker an Zivilisten im Westjordanland wird vorbereitet.
Es gibt eine Tradition, wonach Schriftsteller, Intellektuelle, Künstler und Kulturschaffende in einer Angelegenheit, die sie nicht direkt betrifft und die sie ignorieren könnten, Partei ergreifen. Wir dürfen die Antwort, die neugierigen Kindern gegeben wird, nicht akzeptieren: „Das geht dich nichts an; deine Aufgabe ist die Schönheit, das Schaffen, die Unterhaltung; die niederen Angelegenheiten der Welt gehen dich nichts an.“ Nein, wir müssen eine Entscheidung treffen.
Gaza schaut auf uns, Gaza beobachtet unser Unbehagen, unser Schweigen, unsere Passivität, unsere Mitschuld.
600 Tage, in denen vor unseren Augen ein Völkermord begangen wird, der von seinen Tätern offen zugegeben wird. 600 Tage, in denen die meisten Kulturinstitutionen wegschauen.
Wir rufen daher alle Kulturverantwortlichen auf, das andauernde Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verurteilen.
Wir rufen sie auf, die geplante Deportation der Palästinenser zu verurteilen.
Wir fordern sie auf, die jahrzehntelange Siedlungspolitik zu verurteilen.
Wir fordern sie auf, die Zusammenarbeit mit Kulturinstitutionen, die der israelischen Regierung nahestehen, einzustellen.
Wir fordern sie auf, palästinensische Künstler*innen und unabhängige israelische Künstler*innen zu unterstützen, die sich gegen die andauernde Völkermordpolitik wehren.
Wir fordern sie auf, sich uns im Kampf gegen die Faschisierung der Welt anzuschließen.
Lasst die palästinensischen und ukrainischen Flaggen auf den Giebeln unserer Institutionen wehen!
Lasst uns dafür sorgen, dass Kulturstätten wieder zu Orten der Reflexion und des Widerstands werden, zum Fundament einer Menschlichkeit, die wir alle laut und deutlich fordern.
Unterschreiben :
Erstunterzeichnerinnen und Erstunterzeichner :
Philippe Albèra, musicologue, professeur
Joerg Bader, ex directeur du Centre de la photo à Genève
Chiara Banchini, violoniste
Jérôme Bel, chorégraphe
Ahmed Belbachir, comédien, auteur, metteur en scène
Jacob Berger, cinéaste
Alain Bittar, Directeur de l’Institut des cultures arabes et méditérranéennes (ICAM)
William Blank, compositeur et chef d’orchestre
Maya Boesch, metteuse en scène
Marie Colin, ex directrice Festival d’automne Paris
Michèle Courvoisier, musicienne
Claude Darbellay, chanteur lyrique
Muriel Décaillet, artiste plasticienne
Jorge Gajardo, historien et critique culturel
Barbara Giongo, travailleuse culturelle
Oscar Gómez Mata, metteur en scène
Marie-Caroline Hominal, chorégraphe
La Ribot, chorégraphe
Isabelle Lindner, enseignante en arts visuels
Hervé Loichemol, metteur en scène
Mathieu Menghini, historien de l’action culturelle
François Rochaix, ancien directeur du Théâtre de Carouge
Adeline Rosenstein, metteuse en scène et dramaturge
Sandro Rosetti, architecte-musicien
Daniel de Roulet, écrivain
Delphine Rosay, chargée de production Cie L’Alakran
Valentine Sergo, autrice, metteure en scène
Yvette Théraulaz, comédienne
Christiane Yvelin, juriste
Dominique Ziegler, auteur – metteur en scène